übersetzt aus dem Niederländischen von Andreas Ecke, erschienen im Februar 2025 im Luchterhand Verlag auf 256 Seiten. Erhältlich für 22,00 EUR
ISBN: 978-3-630-87799-0/Anzeige
In ihrem Roman "Woran ich lieber nicht denke" setzt sich die niederländische Autorin Jente Posthuma intensiv mit den Themen Verlust, Trauer und Geschwisterbindung auseinander. Die Ich-Erzählerin, eine namenlose Frau, reflektiert über den Suizid ihres Zwillingsbruders und versucht, die Lücke zu verstehen und zu füllen, die sein Tod hinterlassen hat.
"Wenn man denkt: An diesen Moment werde ich mich mein Leben lang erinnern, dann erinnert man sich auch daran. Man muss den Gedanken nur sehr bewusst denken und gleichzeitig alles um sich herum wahrnehmen, dann bleibt der Moment für immer, so unbedeutend er auch sein mag."
Die Erzählung setzt sich aus verschiedenen Fragmenten zusammen. Kurze, präzise Anekdoten, Erinnerungen und Gedanken aus der Vergangenheit und der Gegenwart wechseln sich ab. Wir erfahren von der Beziehung der Zwillinge von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter und die individuellen Wege, die beide eingeschlagen haben. Die Entwicklung ihrer Beziehung und auch die Entfremdung zeichnet unsere Erzählerin nach. Während der Bruder mit Depressionen kämpft und schließlich seinem Leben ein Ende setzt, bleibt die Schwester zurück und sucht nach Erklärungen für seinen Entschluss.
"Manchmal stritten wir uns über unsere Erinnerungen. Welche Erinnerungen gehörten zu wem?"
Die Protagonistin reflektiert über so viele Dinge und Geschehnisse in der Vergangenheit. Versucht die Geschwisterbeziehung zu verstehen und stellt fest, dass ihr eigenes Selbstverständnis stark von der Beziehung zu ihrem Bruder geprägt war und sie nun, nach seinem Tod ihren Platz in der Welt neu definieren muss.
"Mein Bruder war weg und mit ihm meine gesamte Vergangenheit. Ich kam nirgendwoher und ging nirgendwo hin."
Der Roman hat durch seine schnellen und kurzen Teile bei mir einen richtigen Lesesog entstehen lassen und mir gut gefallen. Posthuma hat die schweren Themen mit einer Mischung aus Melancholie und subtilem Humor zu behandelt und damit die Vielschichtigkeit menschlicher Emotionen authentisch dargestellt. Nicht richtig einordnen konnte ich jedoch die etwas unpassenden Vergleiche. Obwohl vordergründig die Trauerarbeit nach dem Suizid eines Zwillingsbruders behandelt wird, greift die Erzählerin wiederholt auf Begriffe und Vergleiche aus dem Zweiten Weltkrieg zurück. Es geht um Auschwitz und die Experimente von Josef Mengele an Zwillingen. Auch Bezüge zu den Twin Towers in New York werden mehrfach genannt. Die Erzählerin reflektiert hier selbst, dass ihre Vergleiche überzogen oder „nicht ganz passend“ sind, dennoch sind mir die Textstellen eher negativ aufgefallen. Richtig nachvollziehen konnte ich die Referenzen nicht.
"Woran ich lieber nicht denke" stand auf der Shortlist für den International Booker Prize 2025.
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