Buchtipp des Monats
Rezension von textart-admin
2. Februar 2025
2 Min. Lesezeit

Portrait meiner Mutter mit Geistern

erschienen im Januar 2025 im C.H.Beck Verlag auf 396 Seiten. Erhältlich für 26,00 EUR

ISBN: 978-3-406-82971-0/Anzeige

Raisa wächst in den 1980er-Jahren auf. Ihre Mutter Martha ist alleinerziehend und nach dem die ersten Jahre ihrer Kindheit vorbei sind, lassen die beiden sich in einer Siedlung einer Kleinstadt nieder. Die "Wanderjahre", in denen Raisas Mutter mit ihr von Ort zu Ort gezogen ist und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten hat, sind vorbei. Doch die Vergangenheit steht nicht still. Sie hängt schwer zwischen Raisa und Martha und Raisas Fragen werden lauter. Warum besteht ihre gesamte Familie aus zwei Personen? Was versteckt sich im vergangenen Jahrhundert?

"Die Jahre des Schweigens begann lange vor meiner Geburt. Sie verwebten sich zu einem Netz, das sich überallhin ausbreitete und in dem sich einzelne Sätze und Namen verfingen."

Portrait meiner Mutter mit Geistern erzählt über vier verschiedene Zeitebenen mit unterschiedlichen Erzählstimmen. Dabei umgreift der Roman fast das komplette Jahrhundert, wir gehen zurück bis in die 1930er-Jahre. Das Thema Verlust ist allgegenwärtig und wir erfahren, welche Schicksalsschläge die Frauen in Raisas Familie überwinden mussten, um weiterzuleben und wie diese in jeder Generation totgeschwiegen wurden. Auch das Thema Gewalt an Frauen zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Die Traumata der Nachkriegsgeneration, das Schweigen und die Lügen drohen auch Raisa einzuholen, bis ihre Mutter das Schweigen bricht.

"Es gab diesen einen Moment, in dem alles gut war. Es gab diesen einen Moment, der später in den Erinngerungen fehlte, weil er nicht ausreichte, nicht bis ins Jetzt reichte."

Die Charaktere in Rabea Edels Roman sind eigen und stark und ihre Geschichten haben mich sehr berührt. Edel lässt die Geister der Vergangenheit nach und nach mehr Form annehmen und schenkt damit Raisa und ihrer Mutter ihre Geschichte wieder. Zu Anfang hatte ich Probleme, die Zeitebenen und ErzählerInnen auseinanderzuhalten, der Stammbaum hat dabei sehr geholfen und vielleicht war es auch beabsichtigt, um die sich wiederholenden Geschichten, Gefühle und Verbindungen aufzuzeigen.

"Er bestand nicht aus Pappe oder aus Fleisch und Blut, sondern nur noch aus Erinnerungen."

Ich habe es geliebt, in die Erinnerungen einzutauchen und den Frauen der Familie zu folgen. Edels Schreibweise hat mich direkt eingefangen und das Buch mit seinen Charakteren hallt auch noch eine Weile in mir nach. Man merkt dem Buch an, wie viel Recherche in ihm steckt und es zeigt, wie viel Kraft und Mut in den verschwiegenen Geschichten ganzer Generationen stecken.

Die Messlatte für die weiteren Frühjahrsnovitäten ist damit ziemlich hochgesetzt. Ganz große Leseempfehlung!

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