Leonie Schöler hat die Frauen aus der Geschichte aus ihrer Deckung geholt und gibt ihnen in "Beklaute Frauen" die längst verdiente Aufmerksamkeit. Es geht um Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen und Forscherinnen, die in unseren Systemen und Strukturen nur am Rande - wenn überhaupt - bekannt waren, deren Arbeiten nicht anerkannt oder schlimmer: geklaut wurde. In sechs Kapiteln arbeitet sie Biografien von Frauen auf, deren Namen wir alle kennen sollten. Schreibt über die fehlende Anerkennung der Arbeit und Leistung von Frauen, in der Forschung, in der Literatur aber auch im Sport. Und zeigt damit, dass ihre Beispiele keine Einzelschicksale sind sondern erklärt uns ein System, das sich über die letzten 200 Jahre in Europa beobachten lässt.
Einige Geschichten kannte ich, andere bislang gar nicht und hätte gern mehr zu den Biografien gehört. Auch das Kapitel für Frauen im Sport war sehr interessant zu lesen. Schöler hat wahnsinnig gut recherchiert, gibt Einordnungen und erläutert. Ich habe mir einiges an Literatur notiert und möchte hier selbst unbedingt noch weiter lesen. Die Redewendung "hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau" bekommt nach dieser Lektüre noch einmal eine ganz andere Bedeutung und es wird erschreckend deutlich, dass wir Frauen noch eine langen Weg vor uns haben um mit den Männern im Bereich Erfolg und Anerkennung gleich zuziehen und uns aus der Rolle zu befreien, die uns übergestülpt wurde.
"Wenn Frauen alles machen können und dürfen, was Männer machen können und dürfen, was macht einen Mann dann noch zum Mann?"
Die Namen Elisabeth Hauptmann, Lise Meitner und Rosalind Franklin sollten uns in den Kopf kommen wenn wir an die Entschlüsselung der DNA, Kernspaltung und berühmte Theaterstücke wie die Dreigroschenoper denken. Doch sind es hier, wie auch in anderen Themengebieten, berühmte deutsche Männer, die Nobelpreise erhalten haben, nach denen Straßen, Unis und Schulen benannt sind. In einem ihrer Kapitel geht die Autorin auch auf intersektionalen und weißen Feminismus ein. Der Großteil des Buches liegt durch die ausgesuchten Biografien allerdings auf weißen Frauen. Was an dieser Stelle keine Kritik sein soll.
Ein sehr lesenswertes Buch, das dazu auffordert mehr über die beklauten Frauen zu erfahren und auch die eigenen Erfahrungen und Biografien zu hinterfragen. Einziger Abzug war für mich der Stil der Autorin. Hier wäre weniger von ihrer eigenen Meinung im Text für mich mehr gewesen. Nicht, dass ich nicht übereinstimme, aber es hat mich doch zu häufig aus dem Text herausgerissen und die Einschübe wirkten für mich nicht ganz rund.
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