Buchtipp des Monats
Rezension von Kathrin
4. März 2025
2 Min. Lesezeit

Bye Bye Lolita

erschienen im September 2024 bei Voland & Quist auf 312 Seiten. Erhältlich für 22,00 EUR

ISBN: 978-3-86391-422-6/Anzeige

1955 erschien der Roman "Lolita" von Vladimir Nabokov. Der Roman handelt von dem pädophilen Humbert Humberts, einem älteren Literaturprofessor und seiner obsessiven und manipulativen Beziehung zu der zwölfjährigen Dolores Haze, Lolita. Bei der Veröffentlichung war "Lolita" ein Skandal und wurde in mehreren Ländern verboten. Trotz moralischer Kritik wurde der Roman als sprachlich brillant gefeiert und zum Bestseller. Heute gilt er als Klassiker, der zweimal verfilmt wurde. Der Begriff "Lolita" wurde zum Mythos. Ein Mythos, mit dem Lea Ruckpaul in ihrem Debütroman aufräumt.

"Unsagbar ist das Unsagbare. Ich will mich nicht restlos erklären, mir selber nicht und auch nicht den anderen."

In Nabokov`s Version stirbt Lolita am Ende. In "Bye Bye Lolita" lässt Ruckpaul die erwachsen gewordene Dolores Haze einundzwanzig Jahre nach den Taten auf ihr Leben zurückblicken und reflektieren. Sie notiert in Humberts Tagebuch ihre eigenen Sichtweisen, ihre Version der Geschichte. Das Zeugnis einer Frau, die den sexuellen Missbrauch in der Kindheit überlebt hat, aber nie ablegen oder verarbeiten konnte. Sie versucht sich ihre Geschichte zurückzuholen und nimmt die LeserInnen dabei mit auf eine unerträgliche Reise in die Vergangenheit.

"Ich bin nicht tot. Ich bin durch alle Zeiten gereist. Ich bin alle Frauen geworden und doch keine anderen. Ich will keine Zuwendung und ich will keine Wiedergutmachung. Ich will Autonomie."

Ruckpaul schreibt drastisch und lässt Dolores vulgär klingen. Ungeschönt und deutlich werden die immer wieder stattfinden Vergewaltigungen beschrieben und machen damit den Teil so klar und deutlich, der in "Lolita" nicht stattfand. Es geht um den innerlichen Kampf einer Frau, die versucht, ihr Opfersein loszuwerden und um ihre Autonomie kämpft. Die aber gleichzeitig immer noch das traumatisierte Kind in sich hat, das sie bei allen zwischenmenschlichen Beziehungen in ihrem Erwachsenenleben begleitet.

Der Roman beleuchtet die Verharmlosung sexuellen Missbrauchs und die dahinterliegenden Machtstrukturen auf eindringliche Weise. In der Entwicklung von Dolores Charakter, nachdem sie vor Humbert geflohen, versucht die Autorin Antworten auf ein Leben danach zu geben, die alles andere sind als einfach.

"Bye bye Lolita" ist viel mehr als die gleiche Geschichte aus einer anderen Perspektive. Diesen Rollentausch zu lesen tut weh und gleichzeitig ist er so wichtig. Er lässt uns lange über Machtverhältnisse und die Darstellung und Rollenzuteilung von Frauen in der Literatur nachdenken.

"Ich versteckte die Kette aus Erinnerungen in meinem Koffer. Sie gab dieser Aneinanderreihung von Tagen, die mein Leben war, einen Sinn und mir eine Ahnung von Zukunft."

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